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Abmahnung durch die ALPMANN FRÖHLICH Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Münster für die Raumfabrik Franchise GmbH, ebenfalls mit Sitz in Münster [Rechtsanwälte Keller und Niemann]

Von Rechtsanwalt Oliver Keller

Uns liegt eine Abmahnung der Rechtsanwälte Alpmann Fröhlich für die Raumfabrik Franchise GmbH aus Münster vor. Grundlage dieser Abmahnung ist die angebliche Verletzung einer Wortmarke durch unsere Mandantschaft.
Die Raumfabrik Franchise GmbH mit Sitz in Münster soll ausschließliche Lizenznehmerin der Wortmarke „Raumfabrik“ sein. Diese Wortmarke wurde am 08.10.2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt auf einen Herrn Sven Schöpker eingetragen.

Diese Wortmarke wurde für eine Vielzahl von möglichen geschäftlichen Betätigungen eingetragen, so z. B. u.a. für Unternehmensberatung, Organisationsberatung, Abbrucharbeiten an Gebäuden, Klempnerarbeiten, Bauberatung, Dienstleistungen eines Architekten, etc.

Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um Dienstleistungen aus dem Bau- und Architekturbereich, jedoch auch um weitere Nebenbereiche.

Die Rechtsanwälte Alpmann & Fröhlich teilen in der Abmahnung mit, dass sich unter der Raumfabrik Franchise GmbH zehn Meisterbetriebe (vermutlich Handwerksunternehmen) zusammengeschlossen hätten, welche angeblich eben Dienstleistungen im Bereich Renovierung, sowie Aus- oder Umbau anbieten.

Unsere Mandantschaft hingegen ist in diesem Bereich nicht tätig, diese erbringt Architekturdienstleistungen.

In dem hier vorliegenden Fall wird von den Rechtsanwälten Alpmann Fröhlich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt, in welcher sich unsere Mandantschaft für zukünftige Verstöße „unter Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 € an die Raumfabrik Franchise GmbH verpflichten soll. Des weiteren werden Anwaltskosten in Höhe von 1.531,90 € (Netto) geltend gemacht.

Zunächst sollte man diese Abmahnung in jedem Fall ernst nehmen. Meldet man sich in der gesetzten Frist nicht, so drohen kostenträchtige gerichtliche Schritte.

Ferner sollte man die Abmahnung insgesamt anwaltlich prüfen lassen und auf gar keinen Fall darf man ungeprüft die der Abmahnung beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschreiben, es sei denn man ist bereit die eigene „Existenzvernichtung“ billigend in Kauf zu nehmen (weitere Ausführungen hierzu folgen).

Nun verhält es sich in dem hier vorliegenden Fall so, dass nach hiesiger Einschätzung tatsächlich unsere Mandantschaft die älteren Rechte hinsichtlich der von ihr verwendeten Bezeichnung besitzt. Unsere Mandantschaft besitzt zwar keine eingetragene Wortmarke, Sie ist jedoch bereits lange vor dem Jahre 2010 unter einer ähnlichen Bezeichnung unverändert geschäftlich tätig gewesen. Eine ältere geschäftliche Bezeichnung im Sinne von § 5 MarkenG ist auch mit einer eingetragenen Wortmarke gleichwertig oder kann dieser sogar vorgehen.

Jedenfalls besteht seitens der Raumfabrik Franchise GmbH diesbezüglich kein Unterlassungsanspruch. Eigentlich hätten der Gegenseite die älteren Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung seitens unserer Mandantschaft auch bei einer sorgsamen Internetrecherche auffallen müssen.

Jedenfalls wurden bereits aus diesem Grunde die Ansprüche der Raumfabrik Franchise GmbH zurückgewiesen.

Darüber hinaus begründet die Formulierung in der Abmahnung und auch des vorgelegten Entwurfs der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung den Verdacht eines möglichen Rechtsmissbrauchs.

In der hier vorliegenden Abmahnung der Rechtsanwälte Alpmann Fröhlich wird konkret verlangt, dass unsere Mandantschaft den der Abmahnung beigefügten Entwurf der Unterlassungserklärung verwendet.

Konkret heißt es in dem Schriftsatz: „Die durch Ihre Verletzungshandlung begründete Gefahr, dass Sie diese Rechtsverletzung auch künftig wiederholen werden, können Sie nur beseitigen, indem Sie die im Entwurf beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgeben.“

Durch diese Formulierung wird unserer Mandantschaft suggeriert, dass diese verpflichtet sei, die als Entwurf der Abmahnung beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben.

Dies ist so jedoch nicht richtig. Es besteht grundsätzlich niemals eine Verpflichtung die einer Abmahnung beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung wörtlich abzugeben. Bei einem begründeten Unterlassungsanspruch ist der Unterlassungsschuldner lediglich verpflichtet eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Diese kann er selber formulieren (am besten mit anwaltlichem Beistand) oder, falls ein Entwurf der Abmahnung beigefügt war, diesen nach seinem belieben verwenden.

In der hier vorliegenden Abmahnung wird jedoch der Eindruck erweckt, als dürfe eben nur dieser eine Entwurf verwendet werden.

Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang die extrem nachteiligen Formulierungen in der Unterlassungserklärung, z.B. der dort verankerte „Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs“, so begründet insbesondere dieses Zusammenspiel den Verdacht einer Rechtsmissbräuchlichkeit. Die Unterlassungserklärung ist so formuliert, dass der Unterlassungsschuldner für jeden Einzelfall und unter Verzicht der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs eine Vertragsstrafe von 10.000,00 € zu zahlen hat.

Das bedeutet, dass auch bei kleinen Fehlern, etwa bei verschiedenen Interneteinträgen oder Foren, sich die versprochene Vertragsstrafe schnell auf extrem hohe Summen addieren kann und dass selbst bei ansonsten geringfügigen Verstößen. Insofern kann die ungeprüfte Unterzeichnung der beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung im Einzelfall schnell Existenz vernichtend sein.

Aus diesem Grunde sollte man bei Erhalt einer Abmahnung der Raumfabrik Franchise GmbH in keinem Fall die der Abmahnung beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben, allenfalls sollte hier eine „modifizierte Unterlassungserklärung“ abgegeben werden. Wie bereits erläutert ist jedoch auch im Einzelfall detailliert zu prüfen, ob überhaupt eine Markenrechtsverletzung gegenüber der Raumfabrik Franchise GmbH vorliegt.

Sollten auch Sie eine Abmahnung der Raumfabrik Franchise GmbH erhalten haben oder weitere Informationen zu diesem Thema benötigen, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

Rechtsanwälte Keller & Niemann
Sülbecker Weg 1, 31683 Obernkirchen
Tel. 05724/3973247

www.keller-niemann.de
rae.keller-niemann@t-online.de

 

Abmahnung wegen illegalem Filesharing [Kanzlei Keller & Niemann]

Rechtsanwalt Oliver Keller

Haftet des Inhaber eines Internetanschlusses für illegales Filesharing wenn er hiervon keine Kenntnis besitzt?

Bislang konnte es mitunter riskant sein Familienangehörigen oder Mitbewohnern den eigenen Internetzugang zur Verfügung zu stellen. Wurden nämlich von diesem Zugang illegal Musikstücke oder Filme heruntergeladen sollte man, nach der Vorstellung der Film- und Musikindustrie, als Anschlussinhaber automatisch haften. Dies war insofern für die Film- und Musikindustrie praktisch, da man heute „relativ“ einfach den Inhaber eines Internetanschlusses ermitteln kann, wenn von dem Anschluss nachweisbar Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, z.B. durch illegales Filesharing.

Zu ermitteln, welche Person letzten Endes tatsächlich an einem Computer saß und ggf. die Urheberrechtsverletzungen zu verantworten hat kann schon deutlich schwieriger sein.

Von großer Bedeutung ist dabei die Frage, ob der Anschlussinhaber „automatisch“ für Urheberrechtsverletzungen haftet, selbst wenn er von potentiellen Rechtsverstößen überhaupt keine Kenntnis hatte. Dies hat der BGH nun in mehreren Entscheidungen dem Grunde nach eindeutig verneint.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nun in einem neuen Fall entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Der Anschlussinhaber wurde in diesem Fall gleich von vier deutschen Tonträgerunternehmen verklagt. In gemeinsamen Haushalt lebten auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.

Der Anschlussinhaber wurde zunächst durch Anwaltsschreiben abgemahnt. Es wurde behauptet, dieser habe insgesamt über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, in einer illegalen Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht. Der Anschlussinhaber gab daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Tonträgerunternehmen nahmen den Anschlussinhaber daher nun auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch.

Der Anschlussinhaber machte geltend, er sei für die Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn hat im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei auch eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Erstinstanzlich wurde der Klage gegen den Anschlussinhaber noch stattgegeben.  Das Berufungsgericht hat den Anschlussinhaber in 2. Instanz (immerhin noch) verurteilt, an die Tonträgerunternehmen 2.841 € zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, „der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe“.

Der Bundesgerichtshof ist der Argumentation der Gerichte in 1. und 2. Instanz nicht gefolgt. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt (in vollem Umfang) abgewiesen.

Nach Auffassung der Bundesrichter ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Da der Anschlussinhaber im vorliegenden Fall nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

BGH Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare

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