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Augen auf beim Pferdekauf!

Von Rechtsanwalt Oliver Keller

Reiten ist ein verbreitetes und beliebtes Hobby. Anders als bei anderen Sportarten benötigt man beim Reiten aber nicht nur die passenden Schuhe oder Kleidung, vielmehr kommt es hier maßgeblich auf das richtige Tier an, mit dem man seinen Sport gemeinsam ausüben kann.

Will man sich ein eigenes Pferd anschaffen, sollte man sich gut informieren, welche rechtlichen Regelungen beim Kauf zu beachten sind.

Nach früherem Recht, also bis zur Schuldrechtsreform im Jahr 2001, galten im Bürgerlichen Gesetzbuch die „Regeln über den Viehkauf“. Es gab im Bürgerlichen Gesetzbuch damit spezielle Regeln zum Kaufvertrag und zum Gewährleistungsrecht u.a. bei dem Erwerb von Pferden. Insbesondere wurden auch sog. „Hauptmängel“ ausdrücklich im Gesetz benannt, wie Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung und Koppen.

Diese Regelung finden sich seit dem 01.01.2002, also nach der Schuldrechtsreform, im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht mehr wieder.

Die Sondervorschriften für den Viehkauf wurden ersatzlos gestrichen, heute wird für den Viehkauf und somit auch für einen Pferdekaufvertrag das „normale“ Kaufrecht an-gewendet.

Aus rechtlicher Sicht macht es daher keinen Unterschied, ob man eine Tafel Schokolade, einen PKW oder ein Pferd erwirbt. Zwar ist im Gesetz ausdrücklich genannt, dass Tiere keine Sachen sind, rechtlich werden sie jedoch wie Sachen behandelt (§ 90a BGB).

Pferdezüchter und Händler sind fast einhellig der Meinung, dass diese „(nicht mehr ganz) neuen“ Regelungen für den Pferdekauf verfehlt sind, da insbesondere die langen Gewährleistungsfristen, die man auf Sachen grundsätzlich anwendet, bei Tieren nicht angemessen sind.

In der Tat stellt sich die Anwendung des Kaufvertragsrechts beim Pferdekauf, als auch bei anderen Tieren, schwierig dar, da sich z.B. bereits die simple Frage stellt, wann man ein „neues“ Pferd erwirbt oder wann ein „gebrauchtes“.

Grundsätzlich kann der Pferdekaufvertrag auch heute formfrei, also per Handschlag, geschlossen werden, in der Regel wird jedoch, zum Nachweis was tatsächlich vereinbart wurde, ein schriftlicher Kaufvertrag formuliert.

Nach dem aktuellen Recht muss das gekaufte Pferd frei von Sachmängeln geliefert werden (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Mangelfrei ist das Pferd dann, wenn es bei Gefahrübergang (also der Übergabe) die vereinbarte Beschaffenheit hat oder wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Sind im Kaufvertrag zum Beispiel Eigenschaften des Pferdes benannt, wie „verladefromm“ oder „L-Dressur ausgebildet“, dann sind darin Beschaffenheits- bzw. Verwendungsvereinbarungen zu sehen, die das Pferd erfüllen muss. Liegen diese Eigenschaften nicht vor, ist das Pferd bereits alleine aus diesem Grund als mangelhaft anzusehen.

Falls in dem Kaufvertrag keine Vereinbarung über die Beschaffenheit oder die beabsichtigte Verwendung des Pferdes getroffen wurden, ist die „gewöhnliche Verwendung“ ausschlaggebend. Das Pferd muss also die Beschaffenheit aufweisen, die man bei Pferden gleicher Art erwarten kann. Wird das Pferd zum Beispiel in einer Anzeige als Reitpferd angeboten und verkauft, haftet der Verkäufer zumindest dafür, dass das Pferd „irgendwie“ zu reiten ist.

Aus diesem Grund sollte der Käufer eines Pferdes bereits auf die Annonce achten und genau die Eigenschaften erfragen und kontrollieren, die erwartet werden und diese anschließend auch im schriftlichen Kaufvertrag festhalten. Wird zum Beispiel ein Pferd als „Beistellpferd“ verkauft ist für den Käufer Vorsicht geboten. Die Funktion eines Beistellpferds können auch lahme und nicht mehr reitbare Pferde erfüllen, die so mancher Pferdehändler nur noch an eine Metzgerei verkaufen würde.

Für den Verkäufer könnte es wiederum problematisch werden, wenn im Kaufvertrag angegeben wird, das Pferd sei „kerngesund“, in einem solchen Fall könnte praktisch jegliche Erkrankung die Beschaffenheitsvereinbarung erschüttern.

Wie eingangs bereits erläutert, macht das Gesetz seit dem Jahr 2002 keine Unterscheidung mehr zwischen Sachen oder z.B. einem Pferd. Glücklicherweise hat die Rechtsprechung bei diversen Urteilen berücksichtigt, dass Tiere als Lebewesen nicht mit Sachen einfach gleichzusetzen sind. So hat unter anderem der Bundesgerichtshof im Jahr 2007 entschieden, dass es nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Pferdes gehört, dass es in jeder Hinsicht einer physiologischen Idealnorm entspricht (BGH; Urteil vom 07.02.2007; AZ: VII ZR 266/06).

Das bedeutet, der Käufer eines Reitpferdes kann nicht erwarten, dass er ohne eine besondere und ausdrückliche Vereinbarung ein Tier mit idealen Anlagen erwirbt, sondern er muss im Gegenteil sogar damit rechnen, dass das von ihm erworbene Pferd die eine oder andere physiologische Abweichung vom Idealzustand aufweist, weil dies bei Lebewesen erfahrungsgemäß sehr häufig vorkommt. Dies spielt z.B. bei festgestellten Röntgenbefunden der Klasse 2 oder 3 eine Rolle, hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein solcher Röntgenbefund nur dann negativ von der üblichen Beschaffenheit abweicht, wenn er bei Pferden der gleichen Altersgruppe und Preiskategorie nur vereinzelt anzutreffen ist und bereits klinische Symptome vorliegen.

Erfüllt das Pferd also nicht die vereinbarte Beschaffenheit oder die Beschaffenheit die der Käufer allgemein erwarten kann, kann der Käufer Gewährleistungsrechte geltend machen, wie zum Beispiel die Nacherfüllung, den Rücktritt vom Kaufvertrag oder die Minderung des Kaufpreises. Daneben kommen auch noch weiterer Schadensersatz sowie der Ersatz vergeblicher Aufwendungen des Käufers in Betracht.

Bevor man als Käufer Gewährleistungsrechte geltend machen möchte, sollte man sich aber zuvor rechtlich beraten lassen, da dies wieder von bestimmten Formalien abhängt.

Da es sich bei Pferden um Lebewesen handelt, sind ebenfalls die nach dem Gesetz für den Pferdekauf sehr langen Verjährungsfristen ein Problem, zumindest aus Sicht des Verkäufers.

Wird ein Pferd von einer Privatperson verkauft, ist es möglich die Sachmängelgewährleistung einzuschränken, bzw. weitgehend auszuschließen.

Hier ist aus Sicht des Verkäufers aber darauf zu achten, dass man die richtige Formulierung wählt, anderenfalls könnte der Sachmängelausschluss im Vertrag unwirksam sein, mit der Folge, dass die volle Sachmängelhaftung für komplette 2 Jahre besteht.

Aus Käufersicht ist es natürlich nicht ratsam, die Sachmängelhaftung weitgehend auszuschließen, der Käufer sollte vielmehr darauf drängen, die Sachmängelhaftung beizubehalten, dafür aber eine angemessene Verkürzung der Gewährleistungsfrist zu vereinbaren.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist sogar auf drei Monate statthaft ist. Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist dürfte sowohl den Verkäuferinteressen als auch den Käuferinteressen gerecht werden. Allerdings ist eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist oder auch ein weitgehender Ausschluss der Sachmängelgewährleistung nur bei einem „Kauf unter Privatleuten“ möglich, erwirbt eine Privatperson ein Pferd von einem Züchter oder Händler, ist ein solcher Ausschluss oder eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist nicht möglich.

Der Händler oder Züchter ist verpflichtet, die Gewährleistung vollständig zu erfüllen, lediglich bei „gebrauchten“ Pferden (wenn diese älter sind und bereits als Reit- oder Zuchttier genutzt wurden) kann die Gewährleistungsfrist von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt werden.

Bevor man ein eigenes Pferd anschafft, sollte man dieses selber ausgiebig testen und in jedem Fall eine tierärztliche Untersuchung beauftragen. Ferner sollte man sehr genau auf die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit des Pferdes achten.

Vertragsformulare für den Pferdekauf finden sich zuhauf im Internet. Bevor man ein solches aber für einen Kaufvertrag nutzt, sollte man sich sowohl als Verkäufer, als auch insbesondere als Käufer rechtlich beraten lassen, um im Nachhinein böse Überraschungen zu vermeiden.

Bei Fragen zu diesem Thema beraten wir Sie gerne.

Wer haftet wenn Bäume umstürzen?

Es wird oft über den Klimawandel gesprochen. Das Klima scheint sich zu ändern. Wo bleibt der richtige Winter und vor allem der Sommer? Der Frühling scheint vielmehr nahtlos in den Herbst überzugehen. Dazu kommen (in unseren Regionen eigentlich ungewohnt) vermehrt Regengüsse und Stürme. In Anbetracht dessen schauen manche mit Sorge in den eigenen Garten oder den Garten des Nachbarn. Haben die Bäume eine noch ausreichende Standfestigkeit? Überstehen diese den nächsten Sturm? Was kann ich tun? Und wer haftet eigentlich wenn ein Baum umstürzt?

Jeder Eigentümer ist zunächst für die auf seinem Grundstück wachsenden Bäume verkehrssicherungspflichtig, d. h. er muss alles tun, damit von diesen Bäumen keine Gefahr für Dritte ausgeht.

Was und in welchem Umfang jeder Eigentümer zur Erfüllung dieser Pflicht tun muss, lässt sich nur im Einzelfall bestimmen. Allgemein wird man den Umfang der Sicherungsmaßnahmen danach ausrichten müssen, welche Gefahr der einzelne Baum darstellt. Dies ist wiederum von seiner Art, seinem Standort und seinem Alter abhängig. Eine Pappel ist sicherlich nicht so standfest wie eine Eiche; der dicht an einer öffentlichen Straße oder nahe dem Nachbarhaus stehende Baum potentiell gefährlicher als der hinten im Garten stehende, der nur auf blanken Rasen fallen kann.

Was ist also zu tun?

Der Baumeigentümer muss die fraglichen Bäume in Abhängigkeit ihrer Gefährlichkeit in entsprechenden Abständen kontrollieren. Die wichtigste Kontrolle ist dabei naturgemäß die Sichtkontrolle. Beim privaten Baumbestand kann diese vom Boden aus gemacht werden. Zu achten ist dabei auf dürre Äste, verdorrte Teile, trockenes Laub, Pilzbefall sowie äußere Verletzungen oder Beschädigungen. Auch ein Abklopfen des Stammes kann notwendig sein. Ist sich der Eigentümer unsicher, ob der Baum gesund und standsicher ist, muss er einen Fachmann zu Rate ziehen.

Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Verkehrssicherungspflicht macht den Eigentümer, im Falle eines durch einen umstürzenden Baum bedingten Fremdschadens, schadensersatzpflichtig (§§ 1004 Abs.1, 823, 249 BGB).

Was aber, wenn den Verkehrssicherungspflichtigen kein Verschulden trifft, weil es etwa keinerlei Anzeichen für eine mangelnde Standfestigkeit des Baumes gab?

  • 823 BGB setzt immer ein Verschulden des Schädigers voraus. Aber das BGB kennt noch andere Vorschriften, wonach man auch ohne ein eigenes Verschulden für einen Schaden haftet. Für derartige Fälle hat die Rechtsprechung einen verschuldensunabhängigen so genannten nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs.2 Satz 2 BGB angenommen, der dem Geschädigten zum Schadensersatz verhilft:

Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 II 2 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen  privatwirtschaftlicher Nutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der betroffene Eigentümer aus besonderen (tatsächlichen oder rechtlichen) Gründen gehindert war, die Einwirkungen gemäß § 1004 I BGB zu unterbinden.

War der fragliche Baum aber – was in einem Schadensfall regelmäßig ein Sachverständiger festzustellen hätte – vorher tatsächlich gesund, Ursache seines Umfalles ausschließlich z.B. ein zu heftiger Sturm gewesen, bekommt der Geschädigte vom Nachbarn kein Geld:

 

Oliver Keller
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht