Archiv der Kategorie: Verbraucherrecht

Rechtswidrige Kündigungen der Enercity AG

Von Rechtsanwalt Oliver Keller

Zahlreiche Kündigungen von Stromlieferungsverträgen durch die Enercity AG sind unwirksam.

Die Enercity AG aus Hannover wollte Ende 2020 gegenüber mindestens 1800 Kunden die Stromlieferungsverträge kündigen. Die Kunden wurden von Enercity im eigenen System abgemeldet und es folgte eine Mitteilung an den jeweiligen Grundversorger, so dass diese Kunden folgend Abrechnungen über ihren jeweiligen Grundversorger erhielten. Der Nachteil für diese Kunden besteht darin, dass die Grundversorgungtarife deutlich teurer sind, als die bestehenden (sogenannten Ersatz-) Versorgungstarife. Aktuell erhält man bei vielen Energieversorgern gar keine Angebote für neue Ersatzversorgungstarife, so dass diese Kunden in den teuren Grundversorgungstarifen „gefangen“ sind.

Bei den „Kündigungen“ ist der Enercity AG aber ein folgenschwerer Fehler unterlaufen, denn es wurden keine Kündigungserklärungen an diese Kunden übersandt. Vielmehr hat man allen betroffenen Kunden ein Bestätigungsschreiben übersandt, dass man deren Kündigung erhalten habe, diese bedauere und den Erhalt bestätigen würde.

Wir haben eine Mandantin in einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Stadthagen vertreten, in diesem Rechtsstreit hat die Enercity AG den Fehler eingeräumt und sich im Rahmen eines Vergleichs verpflichtet dieser Schadensersatz zu zahlen.

Rechtlich gesehen sind die betroffenen Stromversorgungsverträge mit Enercity nicht gekündigt, sondern bestehen zu ungekündigten Bedingungen fort. Die betroffenen Kunden können von Enercity entweder die Fortsetzung ihres bisherigen ungekündigten Vertrages verlangen oder alternativ Schadensersatz. Je nach individuellem Stromverbrauch können sich gerade bei den aktuell explodierenden Strompreisen höhere Schadensersatzansprüche aufsummieren. Nach bisherigen Informationen haben aber kaum betroffene Kunden sich gegen diese eindeutig rechtswidrigen „Kündigungen“ zur Wehr gesetzt. 

Kündigung von Fitness – Studiovertrag

Ein immer wiederkehrender Streitpunkt ist die Frage der außerordentlichen Kündbarkeit von langfristigen Fitness – Studioverträgen.

Gegenüber Verbrauchern ist nach dem BGB vorgesehen, dass Laufzeitverträge eine Maximaldauer von 2 Jahren nicht überschreiten dürfen.

Dementsprechend legen viele Fitnessstudios ihre Vertragslaufzeit auf eben genau 2 Jahre aus.

Der Hintergrund ist relativ einfach, die Betreiber von Fitnessstudios sind darauf angewiesen, dass deren Mitglieder nicht sporadisch wechseln und insbesondere nicht kurzfristig, etwa über die Sommermonate, den Vertrag kündigen.

Es stellt sich in verschiedenen Konstellationen aber immer wieder die Frage, unter welchen Bedingungen einem Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht eines längerfristigen Fitness- Studiovertrags zustehen kann.

Bei einer die Nutzung des Studios ausschließenden Erkrankung oder aber auch bei einer Schwangerschaft, besteht für den Kunden in der Regel ein Sonderkündigungsrecht.

Kürzlich hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob auch bei einem Wohnsitzwechsel ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht.

Geklagt hatte ein Soldat, welcher zu einem anderen Standort abkommandiert wurde und aus diesem Grunde seinen Fitness- Studiovertrag kündigte.

Der BGH entschied, dass ein Wohnsitzwechsel grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außer-ordentliche Kündigung eines Fitness- Studiovertrags darstellt. Die Gründe für ein Wohnsitzwechsel (sei er auch berufs- oder familienbedingt) liegen in der Regel in der Sphäre des Kunden und sind von ihm beeinflussbar. Nach Ansicht der BGH-Richter liegen besondere Umstände, die die Übernahme des Verwendungsrisikos für den Kunden gleichwohl als unzumutbar erscheinen ließen, nicht vor.
(BGH-Urteil vom 04.02.2016, Aktenzeichen XII ZR 62/15)

Fazit:
Im Ergebnis bleibt es dabei, dass man nur in Ausnahmefällen einen Fitness- Studiovertrag außer-ordentlich kündigen kann.

Insofern sollte man bereits bei Abschluss des Vertrages auch das „Kleingedruckte“ durchlesen und sich darüber im Klaren sein, dass der Vertrag für die Mindestvertragslaufzeit zu erfüllen ist. Das bedeutet für den Kunden, er muss die Studiobeiträge bezahlen und zwar unabhängig von der tatsächlichen Nutzung.

Oliver Keller
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Tel. : 05724 – 3973247

Kündigung von Bausparvertrag durch Bausparkasse (BHW) / Rae Keller und Niemann

 

Uns liegen mehrere Fälle von Vertragskündigungen durch die BHW- Bausparkasse vor.

In letzter Zeit werden viele Bausparverträge von verschiedenen Bausparkassen gekündigt.

Dies betrifft Bausparverträge die bereits zuteilungsreif sind, wobei die Kunden jedoch nicht beabsichtigen ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen.

Die Gründe von Seiten der Bausparkasse sind wirtschaftlich nachvollziehbar, man möchte sich der hochpreisigen Guthabenverzinsung von Altverträgen entledigen. Fraglich ist jedoch, ob diese Kündigungen überhaupt zulässig sind.

Wir haben vorliegend die einschlägigen AGBs (allgemeine Bedingungen für Bausparverträge) der BHW-Bausparkasse geprüft.

Nach hiesigem Ergebnis der Prüfung besteht weder nach den zugrundeliegenden Bausparverträgen, noch nach den allgemeinen Bausparbedingungen ein Kündigungsrecht auf Seiten der Bausparkasse.

Bei den hier geprüften ABGs handelte es sich jedoch um Altverträge. Es wird darauf hingewiesen, dass die allgemeinen Bausparbedingungen sich nachträglich für andere Verträge geändert haben können.

Da in den hier vorliegenden Verträgen weder im Bausparvertrag, noch in den allgemeinen Bausparbedingungen eine Kündigungsmöglichkeit für die Bausparkasse zur ordentlichen Kündigung vorgesehen ist, beruft sich die BHW-Bausparkasse auf ein Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Diese Vorschrift bezieht sich jedoch auf Darlehensverträge.

Fraglich ist, ob diese Rechtsvorschrift auf einen Bausparvertrag überhaupt anwendbar ist.

Zu berücksichtigen ist nach hiesiger Einschätzung, dass ein Bausparvertrag zunächst einmal ein reiner Sparvertrag mit Guthabenverzinsung ist und für den Bausparer lediglich die Option enthält, dass dieser ein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt.

Aus diesem Grund bestehen diesseits Zweifel, ob hier überhaupt Rechtsvorschriften anwendbar sind, welche sich ausschließlich auf einen Darlehensvertrag beziehen. Manche Gerichte gehen jedoch davon aus, dass dies so möglich ist.

Im Hinblick auf eine Kündigung von Bausparverträgen durch die Bausparkasse gibt es u.a. zwei interessante Urteile aus den Jahren 2008/2009 des Landgerichts Hannover, sowie des Oberlandesgerichts Celle.

Beide Gerichte haben entschieden, dass eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse zwar grundsätzlich besteht und zwar nach Auffassung der Gerichte gemäß § 488 Abs. 3 BGB, dies jedoch voraussetzt, dass die Bausparsumme vollständig erreicht wurde und damit eine Inanspruchnahme des Bauspardarlehens durch den Bausparer ausgeschlossen ist.

Die Bausparsumme stellt den Gesamtbetrag dar, welchen der Bausparer als potenzielles Darlehen, unter Berücksichtigung des bereits angesparten Guthabens, in Anspruch nehmen kann.

In der Regel muss ein Bausparer 30-50% der Bausparsumme selber ansparen, den Rest kann er dann als Bauspardarlehen in Anspruch nehmen, sobald sein Bausparvertrag zuteilungsreif ist.

Auch nach Zuteilungsreife muss der Bausparer das Darlehen jedoch nicht in Anspruch nehmen. Vielmehr kann der Bausparer den Vertrag auch einfach weiter ansparen und die vereinbarten Guthabenzinsen vereinnahmen.

Erst dann wenn die gesamte Bausparsumme erreicht wurde und eine Inanspruchnahme des Darlehens nicht mehr möglich ist, kommt eine Kündigung durch die Bausparkasse in Betracht, so das Landgericht Hannover und Oberlandesgericht Celle. In diesem Fall ließe sich der zu Grunde liegende Zweck des Bausparvertrags, nämlich die Vergabe eines Bauspardarlehens, de Facto nicht mehr verwirklichen.

(OLG Celle, Aktenzeichen 13 O 290/08, LG Hannover, Aktenzeichen 13 O 14/09)

In den hier vorliegenden Fällen waren die Bauspardarlehen zwar schon lange zuteilungsreif, die Bausparsummen, so wie vom Landgericht Hannover und Oberlandesgericht Celle verlangt, war jedoch noch nicht vollständig angespart.

Somit können die Bausparer durchaus noch einen Bauspardarlehen in Anspruch nehmen.

Damit war die Kündigung der BHW- Bausparkasse in den hier vorliegenden Fällen unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des Landgerichts Hannover und des Oberlandesgerichts Celle nach hiesiger Auffassung unrechtmäßig.

Sollten auch Sie von einer solchen Kündigung betroffen sein, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir beraten bundesweit.

Rechtsanwälte Keller & Niemann

Rechtsanwalt Oliver Keller

Tel.: 05724 – 3973247

e-mail: rae.keller-niemann@t-online.de
http://www.keller-niemann.de

Rae Keller & Niemann / Unzulässige Bearbeitungsgebühren bei Darlehen

Im Jahr 2014 gab es einen regelrechten Ansturm auf deutsche Sparkassen und Banken durch Kunden, welche ihre gezahlten „Bearbeitungsgebühren“ zurückverlangten, die zuvor bei der Vergabe von Darlehen erhoben wurden.

In der Vergangenheit haben deutsche Banken und Sparkassen oftmals bei der Vergabe von Darlehen/ Krediten Bearbeitungsgebühren erhoben.

Die Bearbeitungsgebühren lagen in der Regel zwischen 1-3 % der Darlehenssumme.

Bereits in einer früheren Entscheidung hat der BGH entschieden, dass die zusätzliche Erhebung von Darlehensbearbeitungsgebühren unzulässig ist.

Nachfolgend haben dann viele Kunden eben jene Bearbeitungsgebühren von ihren Banken und Sparkassen zurückverlangt.

Streitig war in der Folgezeit die Frage, für welchen Zeitraum die Bankkunden die unzulässigen Bearbeitungsgebühren zurückverlangen konnten.

Banken und Sparkassen haben sich hier häufig auf Verjährung der Kundenansprüche berufen.

In einer viel beachteten Entscheidung hat der BGH dann im letzten Jahr klargestellt, dass sämtliche Forderungen der Kunden auf Erstattung von Bearbeitungsgebühren aus den Jahren 2004 bis einschließlich 2011 erst am 31.12.2014 verjähren, somit die Kunden also im Jahr 2014 noch ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen können, beziehungsweise müssen.

(BGH Urteil vom 28.10.2014, Aktenzeichen: XI ZR 348/13; sowie BGH Urteil vom 28.10.2014, Aktenzeichen: XI ZR 17/14)

Viele Bankkunden haben nach dieser Entscheidung noch im Jahr 2014 ihre Ansprüche gerichtlich geltend gemacht.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass auch heute noch Ansprüche auf Erstattung von Bearbeitungsgebühren geltend gemacht werden können, welche von den Banken in den Jahren 2012 bis heute erhoben wurden.

Diese Forderungen sollten Kunden nicht unberücksichtigt lassen.

Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass Banken für „Bearbeitungsgebühren“ möglicherweise andere „kreative“ Namensfindungen vergeben haben.

So werden „Bearbeitungsgebühren“ gegebenenfalls auch als „weitere Kosten“, „Schätzkosten“, „sonstige Bearbeitungsentgelte“ oder als „weitere Gebühren“ bezeichnet.

Der Kreativität sind hierbei oftmals keine Grenzen gesetzt.

Hat die Bank zusätzlich zu den Zinsen für die Bearbeitung des Darlehensantrags Gebühren oder Kosten erhoben sind dies in der Regel „Bearbeitungsgebühren“, welche der Kunde zurückverlangen kann.

Im Einzelfall sollte dies anwaltlich geprüft werden. Gegebenenfalls sollte sich der Kunde auch nachfolgend durch einen Rechtsanwalt gegenüber seiner Bank vertreten lassen.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.